Opel Combo-e Test: Nur bedingt als Familienauto geeignet | ADAC

2022-08-12 22:02:12 By : Mr. XINJI GUO

Der Opel Combo ist ein praktischer Hochdachkombi und baugleich mit Peugeot Rifter, Citroën Berlingo und Toyota ProAce City. Er wird nur noch mit E-Antrieb angeboten. Der Combo-e im ADAC Autotest, technische Daten, Video, Crashtest.

Opel Combo-e in zwei Längen: Viele Ablagen, sehr viel Platz

Der Elektromotor leistet 136 PS, nur eine Akkugröße verfügbar

Reichweite im ADAC Ecotest liegt bei 215 Kilometern

Preise ab 38.850 Euro abzüglich 9570 Euro Umweltbonus 

Dass Autohersteller Kooperationen eingehen, gemeinsam entwickeln und baugleiche Modelle unter verschiedenen Markennamen anbieten, ist heute weit verbreitet. So spart man Entwicklungskosten, hebt Synergieeffekte und lastet die Produktionskapazität aus. Das Problem dabei: Treibt man es auf die Spitze, geht die Markenidendität verloren – einer sieht aus und fährt wie der andere.

Die Gefahr besteht auch beim Quartett Citroën Berlingo, Peugeot Rifter, Toyota ProAce City und Opel Combo. Selbst wenn deren Nasen dem jeweiligen Marken-Look angepasst wurden, sieht man spätestens beim Blick auf Profil und Heck der Hochdachkombis: Hier steht ein identisches Fahrzeug, das von vier Marken vertrieben wird. Und zwar bis auf den Toyota nur noch mit rein elektrischem Antrieb.

Zwar betont Opel energisch, dass der Combo ein mit den Franzosen gemeinsam entwickeltes Auto sei und die Zusammenarbeit mit Peugeot und Citroën schon weit vor der Übernahme Opels durch PSA stattgefunden hätte. Doch allzu sehr scheinen sich die Rüsselsheimer nicht eingebracht zu haben: Motor, Technik und Innenraum tragen eine französische Handschrift. Ist aus der Kooperation mit Peugeot und Citroën ein gutes Auto entstanden?

Klares ja. Der Combo, der jetzt nur noch in der Elektroversion angeboten wird und deswegen nach der Opel-Nomenklatur Combo-e heißt, präsentiert sich mit seinen französischen Brüdern als einer der modernsten Hochdachkombis auf dem Markt. Allein 19 Fahrerassistenzsysteme vom Head-up-Display bis zum Notbremsassistenten sind zu haben, viele davon sogar serienmäßig.

Und bei der Gestaltung des Innenraums hat man sich trotz sehr einfacher Kunststoffe um eine wohnliche Pkw-Atmosphäre bemüht. Denn mit schlichtem Nutzfahrzeugflair punktet heute selbst in dieser Fahrzeugklasse keiner mehr.

Wer will, kann sich im Combo sogar ein wenig Luxus gönnen. Ein beheizbares Lenkrad etwa, einen automatischen Parkassistenten oder ein Glas-Panoramadach mit einer offenen Ablagegalerie in der Mitte und LED-Ambientebeleuchtung. Das Smartphone lässt sich kabellos laden und via Apple CarPlay und Android Auto perfekt integrieren.

Richtig ausgetobt haben sich die Ingenieure aber im Innenraum. Mit bis zu 28 (!) Ablagemöglichkeiten stellt sich die Frage erst gar nicht, ob der dicke Autoatlas oder der Kuschelzoo für die Kleinen irgendwo Platz haben. Vielmehr sollte man sich genau merken, wo man was verstaut hat, um es wieder zu finden.

Nur ein paar Beispiele: Es gibt zwei Handschuhfächer, das obere ist gekühlt. Zwischen Fahrer und Beifahrer sitzt eine riesige Ablagebox. Und selbst hinter den Köpfen der Fondpassagiere ist am Dach ein breites Fach angebracht, im Boden finden sich zwei weitere.

Der Vorteil der Kastenform: Platzprobleme gibt es nicht. Das Raumgefühl fällt sowohl in der 4,40 Meter langen Kurzversion als auch in der Stretch-Variante XL (1700 € Aufpreis, Ausstattungsstufe Elegance) mit 4,75 Metern Länge richtig gut aus. Das Long-Mobil ist zu empfehlen, wenn man sich für den Combo als Siebensitzer entscheidet (auch den Kurzen gibt es als Siebensitzer) oder öfter seinen kompletten Hausstand zu transportieren hat. Nimmt der kurze Combo-e schon zwischen 597 und 2126 Liter Gepäck auf, glänzt der lange laut Opel mit einem Fassungsvermögen von 850 bis 2693 Liter, zwei Europaletten sollen problemlos zu verstauen sein. Ist der Beifahrersitz umgeklappt, schluckt der Hochdachkombi sogar ein Drei-Meter-Surfbrett.

Die ADAC Messwerte für die getestete Kurz-Version decken sich fast mit der Werksangabe: Im Normalfall fasst das Gepäckabteil 580 Liter, dachhoch beladen sind es 1090 Liter. Dann können bis zu 18 Getränkekisten im Kofferraum gestapelt werden. Reicht das nicht aus, passen bei umgeklappten Rücksitzlehnen bis zur Fensterlinie 1150 Liter hinein (aus Sicherheitsgründen empfohlen), bis zum Dach lassen sich 2095 Liter verstauen.  Statt einer durchgehenden Bank lassen sich auch drei Einzelsitze in der zweiten Reihe wählen, was den Combo zwar noch variabler macht, aber nicht unbedingt bequemer. Für Erwachsene sind die Sitze einfach zu eng geschnitten. Die Fondsitzbank bietet ein befriedigendes Platzangebot. Sind die Vordersitze für 1,85 Meter große Personen eingestellt, reicht die Beinfreiheit im Fond für Passagiere bis zu einer Größe von rund 1,85 Metern aus.

Prima dagegen, dass sich die Sitzfläche beim Umklappen automatisch absenkt, damit eine brettebene und gut nutzbare Ladefläche entsteht. Und weil drei Kindersitze nebeneinander passen, dürften auch Großfamilien zufrieden sein.

Der 100 kW/136 PS leistende Dreiphasen-Synchronmotor mit Permanentmagnet sorgt für kräftige Fahrleistungen, gerade im unteren und mittleren Geschwindigkeitsbereich. Die volle Leistung gibt es aber nur im extra anzuwählenden Power-Modus. Im standardmäßig bei Fahrzeugstart aktivierten Normal-Modus und erst recht im Eco-Modus wird die verfügbare Leistung reduziert – außer beim Kickdown, dann wird immer die volle Leistung freigeschaltet. Beim Tritt auf das Gaspedal reagiert der Kastenwagen durch die E-Maschine spontan und nutzt sein Drehmoment von 260 Nm bereits ab der ersten Umdrehung.

Der Antrieb beschleunigt den Hessen mit französischen Wurzeln trotz des Leergewichts von über 1,8 Tonnen bei Bedarf ziemlich zügig. Der kurze Sprint von 15 auf 30 km/h gelingt in etwa über einer Sekunde. Etwas gemächlicher geht es außerorts zu, dennoch ist die Beschleunigung von 60 auf 100 und von 80 auf 120 km/h in völlig ausreichenden 6,3 beziehungsweise 8,8 Sekunden abgeschlossen.

Für den Sprint aus dem Stand bis auf 100 km/h gibt der Hersteller eine Zeit von 11,7 Sekunden an. Der Vortrieb endet bei abgeregelten 135 km/h – das ist gerade so ausreichend und vor allem verbrauchsschonend: Hohe Geschwindigkeiten sind angesichts des hohen Stromverbrauchs, der begrenzten Reichweite und mitunter auch wegen ungewollter Hitzeentwicklung in den Leitungen und der Leistungselektronik für die meisten Elektroautos nichts.

Apropos Verbrauch und Reichweite: Bei diesen Themen kann der Combo-e nicht wirklich glänzen. Im Schnitt konsumierte die E-Maschine nämlich inklusive Ladeverluste 23,7 kWh je 100 Kilometer. Dabei errechnet sich auf Basis des deutschen Strommix eine CO₂-Bilanz von 119 Gramm pro Kilometer. Deshalb schafft der Kastenwagen nur vier von fünf möglichen Ecotest-Sternen.

Die Reichweite sollten Combo-e-Nutzer immer im Auge behalten. Denn eine volle Batterie erlaubt nach dem standardisierten ADAC Ecotest gerade mal einen 215-Kilometer-Trip. Und damit ist kein Staat zu machen. In einem Kleinwagen wäre die Reichweite noch vertretbar, der Combo aber soll als Familientransporter mit höheren Beladungen als im Test klarkommen, was die Reichweite bei artgerechter Nutzung weiter einschränkt. Für die Familienurlaubsfahrt taugt der Combo-e nur bedingt.

Zum Testzeitraum im November und bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt kam der Opel bei Lkw-Tempo gerade noch auf rund 170 Kilometer Reichweite. Ein paar Kilometer kann man durch die Aktivierung des Eco-Modus mit verminderter Heizleistung gewinnen, dann fragen sich die fröstelnden Kinder auf der Rücksitzbank aber zu Recht, ob der Combo-e die richtige Wahl für die Fahrt war. Zwar ließ sich der Opel im Test im Schnitt mit knapp 70 kW in etwa einer halben Stunde von zehn bis 80 Prozent nachladen, dennoch will auch eine nur etwas weitere Fahrt gut geplant sein. Denn: 80 Prozent von 170 Kilometer Reichweite sind dann nur noch knapp 140 - die Suche nach einer weiteren Schnellladesäule sollte also spätestens nach 100 Kilometern Fahrt erfolgen. Wer will sich das zumuten?

Fahrdynamik ist nicht die Stärke des Hochdachkombis. Der Opel ist weich gefedert und neigt sich in schnellen Kurven merklich zur Seite – besonders hohe Kurvengeschwindigkeiten sind ohnehin nicht möglich. Bei nur einem Hauch von kritischem Fahrzustand fängt das ESP bereits das Regeln an und bremst den Combo-e Life stark ein. Beim ADAC Ausweichtest gibt sich der Rüsselsheimer daher fahrsicher.

Der getestete Combo-e (ab 38.850 Euro) kostet mit der feinen Ausstattung "Ultimate" ab 43.050 Euro. Mit ein wenig Schnickschnack wie im Testwagen geht's dann rasch Richtung 46.000 Euro. Günstig ist der Opel Combo-e also nicht mehr, und eine eigene Identität kann man ihm auch nicht wirklich bescheinigen. Denn was der Combo kann, können die E-Versionen von Citroën Berlingo und Peugeot Rifter gleichermaßen.

Und wer den Combo mit Verbrennungsmotor haben möchte, kann gern beim Toyota-Händler vorbeischneien. Oder schaut sich seinen Hauptkonkurrenten an: Den VW Caddy. Dessen Elektro-Version wird von Abt E-Line in Kleinserie gebaut.

Der Opel Combo-e Cargo für Gewerbetreibende ist in Deutschland zum Einstiegspreis von 31.700 Euro (ohne Mehrwertsteuer!) bestellbar. Mit der Umweltprämie werden sogar nur 20.700 Euro fällig. Dafür bietet der batterie-elektrische Kasten ein Ladevolumen von bis zu 4,4 Kubikmeter, kann bis zu 800 Kilogramm Nutzlast schultern und bis zu 750 Kilogramm Anhängelast ziehen. Für die tägliche Arbeitstour mit den Kollegen empfiehlt sich der neue Combo-e Cargo XL mit Doppelkabine. Mit dem Fahrer finden hier bis zu fünf Personen Platz, während die Arbeitsutensilien sicher hinter der Trennwand verstaut sind. Um extralange Gegenstände zu transportieren, befindet sich außerdem eine Tür in der Trennwand.

Opel Combo-e Life Ultimate (ab 10/21)

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

Batteriekapazität (Brutto) in kWh

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

Länge x Breite x Höhe

Verbrauch / CO₂-Ausstoß ADAC EcoTest

23,7 kWh/100 km, 119 g CO₂/km (well-to-wheel)

Innengeräusch bei 130 km/h

Opel Combo-e Life Ultimate (ab 10/21)

Bis Ende 2021 übernahm der Combo die PSA-Verbrenner mit Leistungen bis 130 PS. Der Schwerpunkt lag klar auf den Dieselmotoren, die in drei Leistungsstufen mit 76 (nur bei der Handwerkerversion Combo Cargo), 102 und 130 PS angeboten wurden. Für Gebraucht-Käufer interessant: Der ADAC Test, bei dem der Benziner mit 110 PS unter die Lupe genommen wurde. Seine Leistung reicht im Alltag völlig aus. Erst ab 130 km/h hat der 1,2-Liter-Dreizylinder keinen großen Elan mehr. Testverbrauch: 7,3 Liter im Schnitt – nicht wenig. Dafür schneidet der Opel im Schadstoffkapitel gut ab.

Der Opel Combo ist baugleich mit dem Peugeot Rifter und dem Citroën Berlingo – alle drei Fahrzeuge erreichen im EuroNCAP-Crashtest vier Sterne von fünf möglichen. Getestet wurde mit dem Peugeot.

Das Fahrzeug ist mit Gurtkraftbegrenzern, Gurtstraffern, Kopfairbags sowie optischen und akustischen Gurtwarnern in der ersten und zweiten Sitzreihe ausgestattet. Für die vorderen Plätze sind Seitenairbags verbaut. Der Insassenschutz ist gut, das Verletzungsrisiko ist für Erwachsene und Kinder überwiegend gering bis sehr gering.

Beim Fußgängerschutz gibt es Nachholbedarf: So bergen die Bereiche am Windlauf und an den A-Säulen ein hohes bis sehr hohes Verletzungsrisiko. In der Nacht reagiert der Notbremsassistent nur grenzwertig auf am Fahrbahnrand längslaufende Fußgänger wie auch auf querende Fußgänger.

Der Rifter ist serienmäßig mit einem umfassenden Assistenzpaket mit automatischem Notbremsassistenten, automatischem Speed-Limiter und aktivem Spurhaltesystem ausgestattet.

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